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Gleisbild-Stellwerk

Vorbemerkung: der nachfolgende Text beinhaltet das Schreiben des Reichsbahndirektors Dr.Ing. Gläsel, der in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs Arbeiten und Überlegungen zu einem neuen Stellwerk vor der Zerstörung retten und deswegen die Unterlagen offensichtlich an "geschützter" Stelle unterbringen möchte. Der Text ist als zeitgenössisches Dokument hochinteressant, leider ist uns die eigentliche Arbeit nicht bekannt, insbesondere inwieweit die Entwürfe mit den später gebauten Stellwerken (wie z. B. Dr I) übereinstimmen.

                 Das Gleisbild-Stellwerk
                  Berlin, den 15.4.1945


   In den Behältern befinden sich 3 Aktenhefter. Sie ent-
   halten die Entwurfsunterlagen für ein neuartiges Kraft-
   stellwerk, das jetzt Gleisbild-Stellwerk genannt wird.

   Die Urheber dieses Entwurfs sind:
      1) Reichsbahndirektor Dr.Ing. Gläsel, Dezernent für das
         Signalwesen bei der Reichsbahndirektion Berlin,
      2) Reichsbahnamtmann Alfons Buchholz, technischer Be-
         triebskontrolleur für das Signalwesen bei der Reichs-
         bahndirektion Berlin
      3) Dipl.Ing. Geiger, Vertreter der Signalbauanstalt
         Pintsch Berlin.

   Bei den heutigen kriegerischen Zeitläufen, in denen die
   Feinde Deutschlands an der Oder und in Thüringen stehen,
   haben die Genannten den Wunsch, das Ergebnis ihrer mehr-
   jährigen gemeinsamen Arbeit außerhalb Berlins sicherzu-
   stellen. Sie haben die Hoffnung, daß für Deutschland und
   damit für die Deutsche Reichsbahn noch einmal Zeiten kommen
   werden, wo ihr Beitrag zum Eisenbahnsignalwesen, den sie in
   diesen Unterlagen festgehalten haben, für das allgemeine
   Wohl möge von Nutzen werden können, aber auch, wenn sich
   diese Hoffnung vorerst nicht erfüllen sollte, die Ausführung
   des Entwurfs also zurückgestellt werden müßte, so wäre es
   ihnen ein angenehmes Gefühl zu wissen, daß das Ergebnis
   ihrer Arbeit für die Wissenschaft vom Eisenbahnsignalwesen
   erhalten bleibt. Mögen dann ihre Nachfolger am Werke Anre-
   gung und Nutzen aus diesen Blättern ziehen.

   Der anliegende Entwurf, wie er von der Reichsbahndirek-
   tion Berlin und der Signalbauanstalt Pintsch geschaffen worden
   ist, hat sich bewußt freigehalten von allen Traditionen des Ei-
   senbahnsignalwesens, von den üblichen Anschauungen und son-
   stigen Bindungen auf beiden Seiten. Eine monatelange Mitar-
   beit in einem Ausschuß für die Schaffung eines neuen Kraft-
   stellwerks hatte gelehrt, daß sonst keine fruchtbringende
   Arbeit zustande kommt. Bei der Gestaltung des Entwurfs ist 
   deshalb größter Wert darauf gelegt worden, die theoretischen
   Grundlagen für das neue Kraftstellwerk herauszuarbeiten und
   diese in wissenschaftlicher Weise zu begründen. Diese Teil-
   arbeit wird seinen Wert behalten, auch wenn die praktische
   Gestaltung des Entwurfs andere Wege gehen sollte, als sie
   hier vorgeschlagen sind.

   Die Erstausführung des neuen Gleisbildstellwerkes nach
   unserem Vorschlag war für Bahnhof Hermsdorf auf der Strecke
   Berlin - Oranienburg geplant. Leider haben die Arbeiten auf
   Weisung des Reichsverkehrsministeriums infolge der Kriegs-

                           - 2 -           /b.w./

   ereignisse seit Anfang 1945 eingestellt werden müssen.


                      --------


   Der-jenige, dem diese Entwurfsunterlagen nach dem Kriege
   in die Hand kommen, wird gebeten, sie einer geeigneten
   Stelle des Eisenbahnsignalwesens zuzuführen. Wir hoffen,
   daß sie auf diese Weise der Vernichtung oder dem Verlust
   entgehen.


                                 Dr. Ing. Gläsel

   

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www.stellwerke.de - Letzte Änderung am 1.7.2000
Holger Kötting